Hallo miteinander,
von diesem Herrn habe ich bislang noch nichts in der klassischen
Prophetie gefunden, dafür aber soeben diesen Google-Link.
Vielleicht mag der Inhalt einige hier interessieren:
https://www.nwzonline.de/wirtschaft/weser-ems/der-mann-mit-dem-zweiten-gesicht_a_1,0,1144592150.html
Legende
Der Mann mit dem "zweiten Gesicht"
von Maike Plaggenborg
Der Friesoyther soll den Tod einiger Einwohner und die Zerstörung der Eisenstadt im Zweiten Weltkrieg vorausgesehen haben. Er hatte recht, erlebte das aber selbst nicht mehr. Eine Spurensuche.
FRIESOYTHE Wer war dieser Stadtschreiber, der als „Vierfuß“ bekannt ist und was ist dran an seinen Weissagungen, seiner angeblichen Fähigkeit, in die Zukunft sehen zu können, an seinem „zweiten Gesicht“?
„Zwischen Krankenhaus und Amtsgericht werde alles platt darniederliegen“, soll er gesagt haben. Gemeint hatte er die fast vollständige Zerstörung der kleinen Eisenstadt während des Krieges. „Goht na Pehmertange“ („Geht nach Pehmertange“), habe er Verwandten geraten, da würde ihnen nichts passieren. Die Friesoytherin Agnes Wreesman erinnert sich gut an die Erzählungen ihres Mannes Josef, der Patenkind des angeblichen Weissagers war. Als Friesoythe 1945 zu fast 90 Prozent zerstört wurde und sich einige nach Pehmertange gerettet hatten, war „Vierfuß“ – in Wahrheit Theodor Caspar Anton Joseph Wreesmann – bereits vier Jahre tot. Viel mehr kann sie nicht berichten über „Onkel Theo“, wie ihr Mann ihn immer genannt hat.
Nur wenig Belege
Weiße Haare, ein abgewetzter schwarzer Gehrock und ein schlurfender Gang – so beschreiben ihn Friesoyther, die ihn kannten, und auch die, die ihn nicht kannten: Mythen, Gerüchte und Erzählungen, vieles ist bekannt über ihn, nur wenig belegt. Theodor Caspar A. J. Wreesmann, genannt „Vierfuß“, ist präsent in dieser kleinen Stadt, wie kein anderer und damit der wohl bekannteste Tote hier. Ein bronzenes Denkmal hinter dem alten Rathaus in der Stadtmitte, eine Wandmalerei auf einem Grundstück an der Langen Straße – viel Raum für einen Mann, an den man offenbar irgendwie auch glauben muss. Es fehlen Fakten, daher führt der Weg zunächst ins Friesoyther Stadtarchiv.
„Wreesmann hatte eine gestochen scharfe Handschrift“, sagt Walter Beckmann, Stadtoberamtsrat und Leiter des Friesoyther Stadtarchivs. Die Original-Dokumente belegen es, Beckmann holt einen handschriftlichen Eintrag Theodor Wreesmanns aus einem Standesamtsbuch hervor: Er war Stadtschreiber. Das machte ihn zur rechten Hand des Bürgermeisters, bei dem er hauptamtlich angestellt war. Wie kam er zu diesem Amt? Beckmann kann diese Frage nicht beantworten, weiß aber, dass Wreesmann mit 71 Jahren noch immer arbeitete – das war 1926. Über die Hintergründe kann man nur spekulieren, womöglich verbarg sich eine Art Rente dahinter. Sonst ist nichts geblieben. „Alle anderen Unterlagen sind im Krieg zerstört worden oder schon kurz nach seinem Tod 1941.“
Beckmann spekuliert nicht gern: „Alles, was man über ihn weiß, sind Erzählungen. Nur wegen der Geschichte um ihn herum ist er noch in Erinnerung.“ Der Stadtarchivar zeigt noch ein Gemälde von 1975 vom „Seher“ mit einer Feder hinter dem Ohr – gezeichnet: Funke. Es wurde der Stadt von einer Friesoyther Familie überlassen. Der Name, der Ursprung des Bildes: nicht bekannt.
Die Suche geht weiter. Keine Auskunft über Vergangenes in Friesoythe ohne Ferdinand Cloppenburg. Keine Stadtchronik ohne einen Text von ihm: Der 81-Jährige ist seit mehr als 40 Jahren Vorsitzender des Heimatvereins Friesoythe.
Cloppenburg zumindest hat Wreesmann, den „Sonderling“, wie er ihn nennt, gesehen. Als Zehnjähriger: „Ich war damals Messdiener. Immer wenn ich in die Krankenhauskapelle gegangen bin, konnte ich ’Vierfuß’ in seiner Wohnung hocken sehen.“
„Vierfuß“ war einsam
Nicht in einem Krankenzimmer, sondern im Souterrain. Von außen habe man gut in seine Wohnung hineingucken können. Wreesmann dagegen hat wohl nur die Füße seiner Mitmenschen gesehen, die vorübergingen. Das scheint zu einem Mann zu passen, der sehr zurückgezogen gelebt haben soll. Belesen sei er gewesen, über seine Schul- und Berufsbildung ist jedoch – erwartungsgemäß – nichts bekannt. Freizeit-Historiker Cloppenburg fand aber heraus, dass Theodor Wreesmann bei Verwandten aufwuchs. Seine Mutter starb 1864 – da war er neun. Ein Jahr später starb der Vater, auch von seinen vier Geschwistern hatte er nicht viel: eine Schwester starb mit 23, ein Bruder wurde nur drei Jahre alt, ein anderer starb nach zwei Monaten. Sein dritter Bruder aber gründete eine Familie, deren Kindeskinder heute in Berlin leben. Überlieferungen dort? Fehlanzeige.
Die letzte Station in der katholischen Kleinstadt führt zu Hedwig Liebsch: Verwandte, Zeitzeugin und Sympathisantin irgendwie. „Augenblick, ich muss noch eben was schreiben“, habe der „Seher“, der der Cousin ihrer Oma war, häufig gesagt, wenn sie ihn besuchen kam. „Ich musste ihm immer Würfelzucker besorgen“, berichtet die 80-Jährige. Zu ihr sei er immer höflich und freundlich gewesen, dabei haben ihn die meisten Kinder getriezt, rannten ihm hinterher und lachten ihn aus, wenn er mit seinem Regenschirm als Krückstock durch die Straßen schlenderte.
Wer ihm aber im Dunkeln begegnete, war beunruhigt, vor allem dann, wenn er stehen blieb. Man sagte ihm nach, dass er Tote sehen konnte, verbreitete Angst und Unbehagen, weil er vor ihrem Haus Halt machen könnte. „Ick müsste dor weer hän“, habe er manchmal zu Liebschs Mutter gesagt, und gemeint, dass sein „zweites Gesicht“ ihn hinaustrieb, zu den Häusern der Toten, einmal sogar bis nach Edewecht.
Hoher Leidensdruck
„Meiner Mutter, der er vertraut hat, erzählte er, dass er sehr unter dieser Fähigkeit leidet“, blickt Liebsch zurück.
Heiner Schepers, Inhaber der Buchhandlung Schepers, hat eine andere Theorie für die Spazierstopps des Hellsehers. Ihm gehört das Grundstück an der Langen Straße neben seinem Geschäft, das laut eines weiteren Vierfuß-Mythos nie bebaut werden dürfe, weil dann der dritte Weltkrieg ausbreche. Heute zieren eine Wandmalerei mit einer Straßencafészene – der „Seher“ mittendrin – und Bistrotische das noch immer unbebaute Grundstück. „Ich glaube, der hat sein Spiegelbild als Wandmalerei in der Zukunft gesehen“, meint Schepers – im Vorbeigehen.
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Freundliche Grüße
Carola |